Wort zum Sonntag, 28.06.2020 (3. So. n. Trinitatis)
Samstagnachmittag in einer ganz normalen Wohngegend. Häuser und Gärten sind liebevoll gepflegt. Die Gehwege sind gefegt, der Rasen ist gemäht, der Wochenendeinkauf verstaut.
Gemeinsam stehen wir vor dem Einfamilienhaus. So wie verabredet. Zwei Polizisten und ich. Wir treten an die Haustür. Ein Blumenkübel mit Geranien und Margeriten ziert den Eingang. Auf der Fußmatte werden wir mit „Herzlich Willkommen“ begrüßt. Wir bleiben kurz stehen, holen noch einmal tief Luft. Dann drückt einer der Polizisten auf die Klingel. Schritte sind zu hören. Eine Frau um die Siebzig öffnet die Tür. Beim Anblick der Polizisten weiten sich ihre Augen. Der Schreck ist ihr ins Gesicht geschrieben. Sie weicht etwas zurück, fasst instinktiv mit der Hand ans Herz und fragt: „Ist etwas passiert?“
Gemeinsam stehen wir vor dem Einfamilienhaus. So wie verabredet. Zwei Polizisten und ich. Wir treten an die Haustür. Ein Blumenkübel mit Geranien und Margeriten ziert den Eingang. Auf der Fußmatte werden wir mit „Herzlich Willkommen“ begrüßt. Wir bleiben kurz stehen, holen noch einmal tief Luft. Dann drückt einer der Polizisten auf die Klingel. Schritte sind zu hören. Eine Frau um die Siebzig öffnet die Tür. Beim Anblick der Polizisten weiten sich ihre Augen. Der Schreck ist ihr ins Gesicht geschrieben. Sie weicht etwas zurück, fasst instinktiv mit der Hand ans Herz und fragt: „Ist etwas passiert?“
Ja, es ist etwas passiert. Zwei Polizisten mit Pastorin unangemeldet vor der Tür. Das ist nicht der Normalfall. Es ist ein Notfall. Ein Notfalleinsatz für Polizei und Seelsorge.
Pastorinnen und Pastoren und Seelsorger und Seelsorgerinnen begleiten Polizisten, Feuerwehrleute und Notärzte bei ihren Einsätzen. Es sind Notfälle auch für die Seele. Es muss eine Todesnachricht überbracht werden. Bei einem Autounfall benötigen Unfallbeteiligte seelischen Beistand. Familienmitglieder stehen unter Schock beim plötzlichen Tod eines Angehörigen in den eigenen vier Wänden. Und manchmal sind es auch die Rettungskräfte selbst, die ein offenes Ohr brauchen. Die Einsätze sind vielfältig und nicht selten.
Insgesamt 48 Mal sind wir als Notfallseelsorger im vergangenen Jahr im Landkreis ausgerückt. Meistens angefordert durch einen Anruf von der Rettungsleitstelle: ein Name, eine Adresse und eine Notlage, die über einen Menschen hereinbricht. Und während Polizei und Feuerwehr den Einsatzort absichern, die Notärztin den Patienten versorgt oder der Bestatter den Leichnam abtransportiert, steht ein Angehöriger fassungslos daneben.
Die Hände zittern. Das Herz rast. Das Leben ist aus der Bahn geraten. Die Seele ist in Not. Sie braucht Hilfe, Beistand und Zeit. Und sie braucht einen, der all das mitbringt.
Aber was tun? Was sagen? Wenn ich zu einem Seelsorgeeinsatz gerufen werde, stelle ich mir immer wieder diese Fragen. Was kann ich schon tun? Was kann ich schon sagen? Was kann diesen Not-Fall auffangen? – Jeder von uns kennt diese Fragen, wenn ein Freund, Arbeitskollege oder ein Verwandter in Not geraten, die so schwer ist, dass nichts da ist, was sie aufwiegen kann.
„Einer trage des andern Last.“ Ein bekannter Satz aus der Bibel. Lasten tragen. Da sein. Sich selbst in die Waagschale legen, um den Fall mit aufzufangen. Da sein, beistehen, dazu setzen, zuhören, Zeit haben, und wenn es sein soll, miteinander Kaffee trinken, erinnern, schweigen. Einfach als Nächster, als Mitmensch da sein und mittragen.
„Einer trage des andern Last.“ Es ist gar nicht so schwer und doch ist es eine große Erleichterung für den, der gerade schwer trägt.
Iris Junge,
Pastorin in St. Marien Uelzen
Pastorin in St. Marien Uelzen
Rainer Maria Rilke in „Herbstgedicht“:
„Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.“
„Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.“