Sie fingen an, in fremden Sprachen zu reden… Und wir hörten sie alle in unserer Muttersprache. (aus Apostelgeschichte 2)

Mon, 29 Jul 2019 18:21:03 +0000 von Martin Tuttas

© Pastor Mathias Dittmar


Wir sind auf Urlaubsreise. An der Seine bei Caudebec-en-Caux klappen wir unser Autodachzelt auf. Neben uns zelten Pieter und Jan aus den Niederlanden. Beide sind auf Tour mit ihren analogen Rädern. Ohne Helme! Die trägt man in den Niederlanden nicht, weil es dort ein perfektes Radwegenetz gibt und man Rücksicht aufeinander nimmt. Es entwickelt sich ein freundliches Gespräch auf niederländisch, englisch und deutsch. Wir wünschen uns gegenseitig einen guten Weg. Nicht nur mit dem Rad. – Wir besuchen Bayeux: Keine Ressentiments uns gegenüber, wo vor 75 Jahren die Alliierten die deutschen Besatzungstruppen niedergekämpft hatten. - Dann auf einem Campingplatz in Saint-Benoit-des-Ondes: Neben uns ein Ehepaar in den 80ern. Sie ist dement. Er kümmert sich liebevoll. “Où est Papa?” fragt sie uns immer wieder. “Ah, il est la! Merci.” Sie lächelt uns glücklich und irgendwie vertraut an. Ihr Mann zeigt uns auf der Karte, welche Orte in Frankreich wir unbedingt noch besuchen müssten. Und er erzählt von seinen Kontakten nach Deutschland. Uns verbindet eine Sprache der wohlwollenden Empfindungen. - In Roscoff freut sich Sabine, uns wieder in ihrer Ferienwohnung begrüßen zu können. Das Gespräch geht weit über eine Einweisung in die Wohnung hinaus. – Auf dem Weg zu „unserem“ Lieblingscafé begegnen wir David und Tom. Die beiden Brüder sind mit der Fähre von Plymouth nach Roscoff gekommen. David ist bekennender Europäer. Tom wünscht sich den Brexit. Das hindert sie nicht, gemeinsam auf Tour zu gehen und dabei offen für Menschen und Dinge zu sein, die ihnen begegnen. - Auf der Suche nach einer Ferienwohnung für nächstes Jahr zeigen uns Maia und Frederic mit fröhlichem Stolz ihr selbst ausgebautes Domizil. Der Blick auf die Bucht von Morlaix ist fantastisch! Wir müssen uns das ganze Haus anschauen, einschließlich den privaten Wohnbereich. Kein deutsch, kein englisch, und ich mit meinem, von Syntax und Grammatik freien, französischen Kauderwelsch. Wir verstehen uns prächtig. - In Saint-Guénolé übernachten wir bei Martine und Claude mit ihrer kleinen Hündin Joie. Letztere ist extrem schreckhaft gegenüber Fremden. Selbst Bekannten weicht Joie aus. Nachdem wir das Fremdenzimmer bezogen haben und im Garten sitzen, nähert sich Joie, um sich kraulen zu lassen. Später sitzt sie auf dem Schoß. Es folgt die Wandlung von Feriengästen hin zu einer Art Freunden. Hin und wieder gelingt es mir Dank Martines wohlwollenden und gut dosierten Korrekturen sogar, den einen oder anderen grammatikalisch korrekten Satz auf französisch zu sprechen.

Die Worte Freundlichkeit, Wertschätzung, Verständnis mögen in fremden Sprachen anders heißen. Im Herzen klingen sie alle gleich, wenn man nicht von allen guten Geistern verlassen ist. Das war Pfingsten im Sommer.

Ihr Mathias Dittmar, Suderburg.
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